Offener Brief an die Aktivist:innen und Parteien im Saarland


Die Bewegung Fridays For Future (FFF) hatte kürzlich Forderungen für eine zukunftsfähige Stadt an die Landeshauptstadt Saarbrücken (LHS) und die Parteien in Saarbrücken (SB) zusammen mit VCD-Saar und BUND-Saar erarbeitet und präsentiert. Desweiteren initiierte sie eine Demo am 25.9.2020 in SB mit teilweiser Sperrung der Stengelstraße. Im “Saartalk”, Bericht in “Saarbrücker Zeitung” (SZ) vom 9.10.2020, kam sie zum Thema “Zukunftskonzepte für die Mobilität im Saarland” zu Wort. Und am 12.10.2020 wurde über ihren Vorschlag einer autofreien Zone in SB in dem Artikel der SZ “Bedroht die Verkehrswende den Handel?” berichtet. Aus dieser Sicht ist FFF derzeit die Umweltschutz-Hauptakteurin im Saarland.
Dies veranlasst mich zu einem persönlichen Rückblick auf das Thema. Es dürfte den Akteur:innen helfen wenn ihnen Zusammenhänge bekannt sind. Es hat z.B. fast zwei Jahrzehnte gedauert bis es jetzt gelang, ein Stück Straße in SB aus Umweltschutzgründen zu sperren. Als Mitglied bei BUND, AdFC, VCD und Aktivist bei Greenpeace konnte ich bereits im Jahr 2001 diese Gruppen dazu motivieren, am europaweiten Aktionstag „in die Stadt – aber ohne mein Auto“ teilzunehmen. Die LHS machte mit und wollte eigentlich die Straße vor dem Rathaus an einem Samstag sperren. Doch 9 Tage davor sagte der damalige OB Hajo Hoffmann die Veranstaltung ab. Der Verein für Handel und Gewerbe hatte sein “Veto” eingelegt. Die SZ hatte noch nicht einmal darüber berichtet.
Zudem waren im Anschluss an die Klimakonferenz von Rio de Janeiro 1996 verschiedenen Arbeitsgruppen der “Lokalen Agenda” – Motto: Global denken, lokal handeln – von der LHS gegründet worden. Anfangs beteiligten sich auch einige Hundert Büger:innen in verschiedenen Arbeitsgruppen. Die bearbeiteten Themen folgten dem Grundsatz, dass Umweltschutz auch unter wirtschaftlichen und sozialen Gesichtspunkten betrieben werden sollte. Leider ließ die LHS die Gruppen etwa 2003 auslaufen. Als einzige, heute noch greifbaren Ergebnisse blieben die Umgestaltung des Landwehrplatzes und die Frauenbibliothek.
Die opportunistische Haltung der SZ zur Umwelt wurde im o.g. Bericht der SZ zum Saartalk wieder sehr deutlich: Thema war zwar “Zukunftskonzepte für die Mobilität im Saarland”. Aber außer Nichtssagendem von Chefredakteur, Chefredakteurin und Verkehrsministerin gab es praktisch nichts Weiterführendes. Dies ist angesichts der Tatsache, dass die SZ in ihrer “Motorbeilage” die Spritschlucker hochjubelt und mit den einschlägigen Anzeigen Geld verdient, auch nicht überraschend. Leider konnte auch die Vertreterin von FFF wenig beitragen. Die Aussage “Ein Radweg ist supergefährlich” ist doch eher kontraproduktiv. Sollte Radfahren nicht gefördert werden? Oder hat das die SZ falsch dargestellt?
Dank Greta Thunberg hatte das Thema Klimawandel offensichtlich auch im Saarland plötzlich den Nerv vieler Menschen getroffen. Um die sich abzeichnende Klimakatastrophe zu bekämpfen halte ich es jetzt für die wichtigste Aufgabe von FFF, Führung zu zeigen und den Anstoß von Greta möglichst in konkretes Handeln umzusetzen. Leider haben die übrigen Umweltaktivist:innen das bisher nicht ausreichend geschafft. Sie waren offensichtlich nicht stark genug, um den geballten Widerstand der Mächtigen – Handel, Industrie, Parteien, SZ, Wähler:innen und Verbraucher:innen – zu überwinden. Sie könnten jedoch jetzt versuchen, gemeinsam mehr zu bewirken. Ich tröste mich aber damit, dass sie langfristig doch das Umfeld mit geschaffen haben, das die Botschaft von Greta auf solchen Widerhall stoßen ließ.
Dass die Lage für uns alle sehr ernst ist, zeigt ein anderer Artikel in der SZ vom 14.10.2020: “Studie: Deutschland wird Klimaziele verfehlen”. Was dann los sein wird wenn das Klima 2, 3 oder mehr Grad wärmer ist können wir nur erahnen. Was wir jetzt unter Corona erleben ist dagegen wahrscheinlich nur ein Klacks.
Im übrigen halte ich Corona ein Glücksfall für die Umwelt und die Umweltbewegungen. Es wurde deutlich, dass der Mensch den Schaden infolge seiner Lebensweise – etwa durch den CO2-Ausstoß – auch stoppen könnte. Wenn sich noch mehr Menschen plötzlich umstellen und umweltverträglich leben würden wäre die Chance, den Klimawandel wenigstens noch zu verlangsamen, wesentlich größer; also weniger Fleisch essen, kleinere und weniger Autos fahen, weniger konsumieren usw.

Dieser Brief ging als Mail am 20.10.2020 an die foglenden Empfänger:

AdFC – Saar
BUND – Saar
VCD Saarland
Greenpeace Saar
Weltveränderer Saarbrücken
Transitions Saarbrücken
Grüne Saarbrücken
Grüne Land
CDU Land
SPD Land
AFD Land
FDP Land
Saarbrücker Zeitung

27.10.2020

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